Klaus Böttcher und Sebastian Rühl im Interview.
Den Aufwind der Grünen in Bund und Land möchte auch die Ortsgruppe der Grünen in der Gemeinde Linsengericht nutzen. Angestrebt wird eine deutliche Verbesserung des Wahlergebnisses bei den Kommunalwahlen am 14. März 2021. Die Vorstandsmitglieder Klaus Böttcher und Sebastian Rühl im Interview.
Wie soll es mit den „Grünen“ in Linsengericht weiter gehen? Wie sieht ihre Zwischenbilanz aus, wie werden sie sich für die Wahlen im nächsten Jahr aufstellen?
Böttcher: Wir gehen davon aus, dass wir das Ergebnis von der Kommunalwahl 2016 übertreffen, und das nicht nur wegen der guten Umfrageergebnisse für die Grünen auf Bundesebene, …
Rühl: …sondern vor allem wegen unserer aktiven Mitarbeit in der Gemeindevertretung und im Gemeindevorstand. Außerdem scheinen auch die Bürgerinnen und Bürger in Linsengericht sensibler für grüne Werte und grüne Ideen zu werden.
Böttcher: Deshalb hoffen wir auch auf mehr aktive Mitglieder oder auch aktive Mitstreiter, die bei uns nicht gleich oder überhaupt Parteimitglieder werden müssen. Auch da sind wir schon auf einem guten Weg – mit noch zu wenigen neuen Leuten, aber einigen neuen Ideen.
Herr Rühl, Sie sind schon einige Jahre im Gemeindevorstand sehr engagiert. Nun wollen Sie sich – zumindest für einige Zeit – aus ihrer aktiven Rolle zurückziehen? Wie betrachten sie ihre Tätigkeiten rückwirkend?
Rühl: Zunächst war ich Fraktionsvorsitzender und dann seit rund sechs Jahren ehrenamtlicher Beigeordneter im Linsengerichter Gemeindevorstand. In der Gemeindevertretung geht es mehr um die Vertretung von Ideen und Projekten, die man in der Gemeinde verwirklichen möchte, während die Arbeit im Gemeindevorstand eher hinter den Kulissen stattfindet. In der Gemeindevertretung wird über mögliche Projekte entschieden, während im Gemeindevorstand, in den Ausschüssen und in der Verwaltung selbst die Grundlagen für diese Entscheidungen erarbeitet werden, über die dann in der Gemeindevertretung abgestimmt wird.
Böttcher: Ich möchte das ergänzen. In der Gemeindevertretung werden die für die Gemeinde relevanten Entscheidungen getroffen. Angefangen von der Festlegung neuer Infrastruktur wie Gemeindestraßen oder Bushaltestellen über die Planungen von Fahrradwegen, Kindergärten oder Flüchtlingsunterkünften bis hin zu Bebauungs- oder Flächennutzungsplänen. In diesem Jahr steht zum Beispiel auch die Forsteinrichtung an, die die Nutzung des großen Linsengerichter Gemeindewaldes für die nächsten zehn Jahre festlegt.
Rühl: Ich persönlich empfinde nicht nur die Möglichkeit, am Ende über Projekte oder den Finanzplan der Gemeinde zu entscheiden am interessantesten, sondern viel eher die Möglichkeit auch schon an der Planung von Beginn an mitzuwirken oder auch in den Gremien mit eigenen Ideen zu überzeugen, wie zum Beispiel mit der Umrüstung auf LED- Leuchten in den Straßen oder dem Ausbau des Busbahnhofs an der Altenhaßlauer Seite des Bahnhofs Gelnhausen.
Aber warum wollen Sie denn dann jetzt ihre Tätigkeiten in den Gemeindegremien pausieren lassen?
Rühl: Das hat mehrere Gründe. Einmal bin ich in meinem Berufsverband immer mehr engagiert und benötige dafür aktuell wesentlich mehr Zeit. Gleichzeitig bin ich jetzt fast zehn Jahre in den Gemeindegremien tätig und brauche mal etwas Abstand dazu. Das bedeutet aber auch, dass hier die Möglichkeit entsteht, dass andere Interessierte jetzt neue Ideen und neue Impulse in die Gemeindepolitik oder in die Fraktion der Grünen in Linsengericht einbringen können. Das sehe ich als eine Chance für Erneuerung und Fortschritt.
Herr Böttcher, wenn nun die Grünen in der nächsten Kommunalwahl nicht nur 10 oder 12 Prozent der Wählerstimmen bekommen, sondern 15 oder 18, was ja durchaus möglich erscheint – gibt es genügend Interessenten in Ihren Reihen für zusätzliche Mandate?
Böttcher: Daran werden wir verstärkt arbeiten. Vor allem Bürgerinnen und Bürger, die in der aktuellen Gemeindepolitik im grünen Sinne etwas bewegen wollen, haben bei uns die große Chance der Mitbestimmung. Demokratie ohne aktive Demokraten funktioniert aber gerade auf kommunalpolitischer Ebene nicht.
Meinen Sie nicht, dass es auch gerechtfertigte Kritik an der Politik des Bürgermeisters und der Mehrheit von SPD und Grünen gibt?
Rühl: Sicher gibt es auch nachvollziehbare Kritik. Nicht jeder ist mit den neuen ausgewiesenen Baugebieten einverstanden oder hätte sich vielleicht mehr Anreize für den Bau von Photovoltaikanlagen gewünscht. Für solche Anliegen kann man sich gerade bei uns wirkungsvoll engagieren.
Aber ist das denn so einfach eigene Ideen durchzusetzen?
Böttcher: Da muss man sicher einschränkend sagen, dass auch Gemeindepolitik daraus besteht, mit anderen Fraktionen zu Einigungen zu kommen. Diese Vereinbarungen beinhalten oft Kompromisse, so dass zum Beispiel der Erhalt des öffentlichen Personennahverkehrs bis in die Nachtstunden mit Anruf-Sammel-Taxis durchgesetzt werden konnte, aber eine Mindestmenge an Neubaugebieten nicht zu verhindern war. Auch lokale Politik ist eine langfristige Sache, an der man geduldig dranbleiben muss. Nicht unbedingt nur das Engagement des Einzelnen zählt, sondern es geht auch um Zusammenarbeit und darum, andere mit den eigenen Argumenten zu überzeugen.
Rühl: Als Grüne suchen wir immer auch den Austausch mit und Impulse durch Außenstehende, denn nur so kann man wirklich neue Lösungen entwickeln. Dafür sind kritische oder inspirierende Stimmen bei uns willkommen.
Was wäre denn dann ihr Resümee?
Böttcher: Wir haben immer wieder grüne Positionen nach Linsengericht gebracht, nicht nur als Anstrich sondern auch als grüner Inhalt. Aktuell wurden auf unsere Initiative hin die ersten Bushaltestellen nach einem Beschluss aus dem Februar 2016 behindertengerecht ausgebaut. Außerdem setzen wir uns gerade für den Bau günstiger Mietwohnungen ein. Insgesamt haben wir sicher einiges erreicht. Mit mehr personeller Unterstützung möchten wir stärker auftreten und manche Ideen nachhaltiger aufgreifen und verfolgen.
Zielen Sie da auf mehr Unterstützung von Frauen und jüngeren Mitbürgern?
Böttcher: Es wäre sehr schön, wenn der weibliche Anteil unter der aktiven Grünen weiter steigen würde und auch jüngere Mitbürger und -bürgerinnen, zum Beispiel Schülerinnen und Schüler ab 18 oder auch Studenten oder Berufstätige unter 30 sich aktiver beteiligen würden, um auch für diese Altersgruppe Linsengericht attraktiver zu machen. Aber wesentlich ist letztendlich die Bereitschaft und auch Freude daran, gemeindepolitische Angelegenheiten mitzugestalten, auch mit längerem Atem.
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