Linsengericht muss sich im Bestand entwickeln

Grüne begrüßen Baulückenerfassung und warten auf Leerstandskataster.

Die Diskussion um neue Baugebiete in Linsengericht läuft seit zehn Jahren nach dem gleichen Muster: SPD, CDU und Freie Wähler möchten gerne neues Bauland auf Wiesen und Feldern ausweisen. Die Grünen weisen auf den zunehmenden Flächenverbrauch hin und schlagen eine Nutzung der vorhandenen Potenziale in den Ortslagen vor. Zwar wurden in den vergangenen Jahren etliche neue Baugebiete ausgewiesen. Doch haben die Grünen in Kooperation mit der SPD den Expansionsdrang immerhin etwas bremsen können.

Der Gemeindeentwicklung haben die zusätzlichen Flächen nicht geholfen. Mit 9.871 Einwohnern Mitte 2020 liegt die Bevölkerungszahl von Linsengericht um genau 8 über dem Stand von 2010. Das heißt: gleiche Einwohnerzahl auf größerer Fläche. Die Ortsteile wachsen an den Rändern und schrumpfen im Bestand, was gleichzeitig zu einer Verkümmerung der Ortszentren und des dörflichen Lebens führt. Die „ordentlichen Aufwendungen“ der Gemeinde haben sich seit 2010 um mehr als 50% erhöht. Und die Grundsteuer stieg um mehr als das Doppelte von 240% auf 495%. Zusätzliche Infrastruktur kostet Geld.

Nun hat Bürgermeister Albert Ungermann ein Baulückenverzeichnis vorgelegt und eine Befragung der Eigentümer angekündigt. So begrüßenswert die aktuelle Reaktion auf ein Angebot des Landes Hessen ist, die Verwaltung hätte hier längst schon tätig werden müssen. Denn bereits seit 2015 liegt ein Beschluss der Gemeindevertretung zur Erstellung eines Leerstandskatasters vor. Bisher scheiterte die Umsetzung nach Auskunft des Bürgermeisters an fehlenden technischen Voraussetzungen und Kapazitäten. Das rechtfertigt aber keine Verzögerung von 6 Jahren.

Für die Grünen ist die Erstellung eines Leerstandskatasters und die Befragung der Eigentümer auch deshalb so wichtig, weil in Linsengericht Wohnungen fehlen. Nicht jeder zukünftige Mitbürger kann sich den Bau eines Hauses leisten. Daher wäre es gerade für die SPD und ihren Bürgermeister ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, gemeinsam mit den Grünen auch die Erschließung des Potenzials an freiem Wohnraum in bestehenden Gebäuden nachhaltig in Angriff zu nehmen.
 

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