Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
wir befassen uns heute erneut mit dem Haushalt der Gemeinde Linsengericht für das Jahr 2023. Der Kämmerer hat uns ausführlich, transparent und nachvollziehbar über die einzelnen Positionen und die Vorgaben des Landes zur Genehmigungsfähigkeit informiert. Dafür danken wir Herrn Bock ausdrücklich und herzlich. Es ist der erste Haushalt unter seiner Verantwortung und er ist aus unserer Sicht handwerklich gelungen.
Lassen sie mich auf einige Punkte eingehen, warum wir dem Haushaltsentwurf und den dazu im HFDA beratenen Ergänzungen und Anträgen am 15. Dezember nicht zustimmen konnten und heute den vorliegenden Haushalt ablehnen werden.
Im Vordergrund steht der Umgang mit begrenzten Haushaltsmitteln im Ergebnis- und Finanzhaushalt auch angesichts der überaus unsicheren Zukunftserwartungen für dieses Jahr aufgrund des andauernden Krieges in Europa.
Wir haben mit steigenden Kosten in allen Bereichen zu kämpfen. Bezüglich der Kinderbetreuung können wir nur an das Land appellieren, die Zahlungen an die Kommunen zu erhöhen. Im Bereich der Energiekosten haben wir es zum Teil selbst in der Hand, mit Einsparungen entgegenzusteuern. Dazu komme ich nochmal.
Im Investitionsprogramm werden als zentralem Projekt der Gemeinde rund 7 Millionen € für den Neubau des Rathauses veranschlagt. Dieser wird dringend und so bald wie möglich be-nötigt. Dass haben wir bisher mitgetragen und wird anders als seitens der AFD von uns auch überhaupt nicht infrage gestellt. Auch den geplanten Standort des alten Rathausparkplatzes, auf dem schon vor zwei Jahren die Bäume gefällt wurden, akzeptieren wir. Die Rahmenbe-dingungen für einen solchen Verwaltungsbau haben sich aber in den letzten Monaten deutlich verändert. Dies betrifft die Finanzkraft der Gemeinde Linsengericht in den kommen-den Jahren wie die Möglichkeiten einer modernen Arbeitswelt auch in der öffentlichen Verwaltung nach den dreijährigen Erfahrungen mit der Pandemie.
Der geplante Neubau umfasst 1600 Quadratmeter Nutzfläche, die 24 Beschäftigten als neue Arbeitsstätte dienen sollen. Das alte Rathaus soll in einer Größenordnung von 1400 Quadratmetern modernisiert und weiter genutzt werden. Damit soll die Verwaltung zukünftig ca. 3 Tsd. Quadratmeter Fläche zur Verfügung haben. Mein Fraktionskollege Schilling hat sich mal die Mühe gemacht, gemäß dem Kommunalbericht 2021 die Flächen der Rathäuser ähnlich großer hessischer Gemeinden zu vergleichen. Sie lagen zwischen ca. 500 und maximal 3.700 Quadratmetern im wohlhabenden Niestetal im unmittelbaren Umland der Stadt Kassel. Biebergemünd hatte 2 Tsd. Quadratmeter zur Verfügung, Wächtersbach 2.700. Wir planen mit sehr großzügigen 3 Tsd. Quadratmetern.
Die Räume sind jeweils mit Regalwänden und Stühlen für Besucher konzipiert. Eine digitale Datenhaltung als Ersatz der althergebrachten Aktenschränke ist nicht berücksichtigt. Eine Arbeit der Mitarbeiter zumindest teilweise im Homeoffice, zum Beispiel mindestens einen Tag in der Woche oder weitgehend bei bestimmten Aufgaben, ist nicht berücksichtigt. Eine mit der weitgehend elektronischen Ausstattung der Arbeitsplätze mögliche flexible Nutzung der Arbeitsorte durch mehrere Mitarbeiter ist nicht eingeplant. Die mit der eingespielten Terminvereinbarung bei Rathausbesuchen mögliche Nutzung von Besprechungsräumen statt der Büros selbst ist nicht vorgesehen. Ist das nach den Erfahrungen der Pandemie noch zeitgemäß? Die Verwaltung macht sich doch unter der Leitung von Frau Pollmanns längst auf den Weg einer Digitalisierung, die durch das Onlinezugangsgesetz ja auch vorgegeben ist.
Wir glauben daher, dass wir uns diesen Flächenbedarf je Mitarbeiter für die Zukunft nicht mehr leisten können, dieser aber auch in einer modernen Verwaltung nicht mehr benötigt wird. Man könnte also die Belegung des geplanten Neubaus durch eine geänderte Raumein-teilung verdichten und mehr Mitarbeiter dort unterbringen – dann könnte die weiterhin genutzte Fläche im alten Rathaus oder das Bauvolumen des Neubaus reduziert werden. Einen entsprechenden Antrag mit reduzierten Kostensätzen, kurzfristig reduziertem Bauvolumen des Neubaus und einem Sperrvermerk bis zur möglichst schnellen Freigabe einer überarbeiteten Planung haben wir im HFDA am 1. Februar zusammen mit der CDU vorgelegt, nach kurzer Replik durch den Bürgermeister und bei Schweigen der Fraktionen von SPD und BGL zu diesem Vorschlag wurde dieser aber abgelehnt.
Das können wir so nicht mittragen. Wir wollen den Bau nicht generell infrage stellen. Nur erdrückt dieses Projekt in seiner überdimensionierten Form den Spielraum für alle anderen Vorhaben, die uns Grünen wichtig sind. Wir wollten eine schnelle Überplanung ermöglichen, doch das wurde leider gar nicht weiter diskutiert.
Wir haben wie schon im Dezember am 01.02. zusammen mit der CDU im HFDA beantragt, Mittel für die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik in einer Größenordnung von 200 Tsd. € einzustellen. Wie im Dezember waren wir bereit, einen halbierten Mittelan-satz zu beschließen. In der GNZ stand, dies hätten wir bei den beantragten 200 Tsd. € zu den Radwegeausbauten als Konsequenz der Ergebnisse des Nahmobilitätschecks getan. Das ist jedoch falsch. Dies haben wir nur bei den LED-Lampen angeboten.
Ohne jede Begründung wurde der Antrag zu der Energieeinsparung durch LED-Lampen jedoch von BGL und SPD abgelehnt, obwohl im Dezember zumindest die BGL eine Zustim-mung signalisiert hatte. Der Bürgermeister hat dabei als Sprecher der beiden Fraktionen ausgeführt, dass eine Umstellung aller noch in alter Technik ausgestatteten Lampen auf LED-Technik möglichst in einem Schritt erfolgen solle und dazu höhere Mittel und ein entspre-chender Förderantrag beim Land vorzusehen seien. Es ist der Verwaltung dringend zu empfehlen, dies in diesem Jahr endlich vorzubereiten und eine Verankerung der Investitions-mittel im nächsten Haushalt vorzunehmen, um hier die laufenden Energiekosten für die nähere und weitere Zukunft deutlich zu reduzieren.
Unter der Überschrift „Klimaschutz ganz oben auf der Agenda“ haben wir im August 2021 mit der SPD Linsengericht eine Kooperationsvereinbarung für die Jahre bis 2026 abgeschlos-sen. Im Geiste dieser Vereinbarung hatten wir im Dezember bescheidene Änderungsvor-schläge zum Haushalt 2023 vorgelegt. Da ging es um 20 Tsd. € für Energieberatung, die Erhöhung der Ansätze für Energiesparmaßnahmen als Mittel für erste Aktivitäten eines/r Klimaschutzberaters/in, 30 Tsd. € für eine Elektrifizierung des Fuhrparks der Gemeinde, 100 Tsd. € für Maßnahmen des Radwegebaus als Konsequenz des Nahmobilitätschecks und als Ersatz für kurzfristig bei der Übernahme der Haushaltsreste 2022 gestrichene Mittel für den Radwegebau und die schon angesprochene weitere Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik. Diese wurden alle auch von unserem bisherigen Kooperationspartner bei den Haushaltsberatungen im Ausschuss am 6. Dezember abgelehnt.
Zusammen mit der CDU haben wir am 1. Februar pauschale Einsparvorschläge bei den von der Verwaltung gar nicht abzuarbeitenden umfangreichen Maßnahmen zur Straßensanie-rung gemacht und erneut einen Antrag zum Ausbau des Radwegenetzes gemäß Nahmobilitätscheck gestellt. Ohne Diskussion abgelehnt.
Auch ansonsten lässt sich im Haushaltsentwurf 2023, wie er von der SPD-Fraktion ohne jeden Antrag durchgewunken wurde, keine Schwerpunktsetzung zum für die Zukunft lebenswichtigen und seit Jahrzehnten verschlafenen Thema Klimaschutz entdecken.
Stattdessen wurden im letzten HFDA von der neuen Mehrheit die Mittel für Wünsche der BGL erhöht und langjährig wiederholte Forderungen der BGL berücksichtigt wie 100 Tsd. € im Ergebnishaushalt für die Sanierung des Waldweges zum Hufeisen, die in den letzten Jahren auch von der SPD und dem Bürgermeister mit guten Gründen als viel zu teure Verkehrsbeschleunigungsmaßnahmen mehrfach abgelehnt wurden. Weiterhin wurden Mittel für teure neue Radwege an Kreis- und Landesstraßen eingestellt, ohne dass der Nahmobilitätscheck bereits die Priorität dieser Maßnahmen belegt hätte. Für die Umsetzung der Ergebnisse des Checks werden hingegen keinerlei Mittel bereitgestellt. Dennoch erwarten wir eine zügige Umsetzung des nun seit 3 Jahren beschlossenen und 2023 erneut im Haushalt verankerten Nahmobilitätschecks mit einem entsprechenden Beteiligungsver-fahren durch die Verwaltung.
Weiterhin gehen wir davon aus, dass der Bürgermeister der im HFDA-Ausschuss gemachten Ankündigung, baldmöglichst die Einstellung des seit dem letzten Jahr im Stellenplan veran-kerten Klimaschutzmanagers/in vorzunehmen, nun auch entsprechende Taten folgen lässt.
Unter diesen Umständen können wir aber von dem Schwerpunkt der von uns für die Jahre bis 2026 abgeschlossenen Kooperation im Haushalt der Gemeinde Linsengericht für 2023 nichts mehr erkennen. Nicht mal Maßnahmen zur Energie- und Kosteneinsparung sind vorgesehen. Hier verlieren wir noch mindestens ein weiteres Jahr. Das alles ist sehr schade.
Es bleibt der Fraktion Bündnis90/Die Grünen in der Gemeindevertretung Linsengericht daher nichts anderes übrig, als den vorliegenden Beschlussvorschlag abzulehnen.
Vielen Dank.
Klaus Böttcher, 08.02.2023
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